Die AWO geht in einen eigenen Lockdown

Der schwäbische Wohlfahrtsverband und sein Gesamtbetriebsrat beschließen einen gesonderten freien Tag für die rund 3000 Beschäftigten. Die Geschäftsstelle in Stadtbergen wird geschlossen. Die Vorbereitungen laufen.
Das kleine Hinweisschild für die Eingangstüre hat Monika Geiger schon geschrieben. Und ihre Kollegin Rosa Schwengler hat derweil auch die Post informiert, damit sich kein Bote unnötig auf den Weg macht, beladen mit manchmal kistenweisen Briefen zum Ausliefern und Abholen.

Am Freitag, 30. April, ist die Geschäftsstelle der Arbeiterwohlfahrt (AWO) Schwaben in Stadtbergen geschlossen - wegen eines ganz besonderen Ruhetags, den das Unternehmen und sein Gesamtbetriebsrat den rund 3000 AWO-Beschäftigten in ganz Schwaben gönnt. Im Landkreis Augsburg profitieren von dieser Regelung fast 500 Mitarbeitende. Der Gedanke dahinter: Angesichts der wieder stark gestiegenen Infektionszahlen verschafft der Wohlfahrtsverband seinen Mitarbeitenden eine Möglichkeit, sich aus dem Corona-Geschehen zurückzuziehen und sei es nur für einen Tag, an den sich ein freies Wochenende inklusive Maifeiertag anschließt. Ein eigener AWO-Lockdown also, übrigens „inspiriert“ von der vorösterlichen Bund-Länder-Politik, die erst einen arbeitsfreien Gründonnerstag vorsah, sich dann aber davon abwandte. Mit der AWO-Maßnahme verbunden ist zudem ein Dank für die außerordentlichen Leistungen während der gesamten Dauer der Pandemie.

Das Rundschreiben ließ die beiden Damen, welche die Telefon- und Postzentrale bedienen, natürlich aufhorchen. „Das hat mich total überrascht. Wer rechnet denn mit einem zusätzlichen freien Tag? In Zeiten von Corona ist das ein schöner Zug“, freut sich Rosa Schwengler, die bereits seit mehr als 25 Jahren im Unternehmen tätig ist. Monika Geiger ist derselben Meinung: „Es ist eine ganz besondere Wertschätzung uns Arbeitnehmern gegenüber. Das geht über die vorgeschriebene Fürsorgepflicht eines Arbeitgebers hinaus. Ich freue mich und werde an dem freien Tag voraussichtlich einen kleinen Radl-Ausflug am Lech machen oder meinen Mann beim Fischen begleiten.“ 

In den rund 100 Einrichtungen und Diensten der AWO Schwaben stellt man sich ebenfalls auf den Lockdown ein, selbst wenn es nicht möglich ist, dass alle Mitarbeitenden gleichzeitig freinehmen und folglich alternative Termine mit den Leitungen vereinbaren müssen. Insbesondere in den Seniorenheimen, Kindertageseinrichtungen und Fachkliniken muss der Betrieb schließlich auch am 30. April weiterlaufen. Darauf ist Vorstandsvorsitzender Dieter Egger vorbereitet. Da die komplette Verwaltung in Stadtbergen – dazu gehören rund 50 Personen – nicht zu erreichen sein wird, übernimmt er das Notfall-Handy.

Geöffnet haben müssen zum Beispiel auch die Sozialpädagogische Familienhilfe und natürlich die Verwaltung im AWO-Sozialzentrum in Neuburg an der Donau. Dort ist Elisabeth Fischer als Sportlehrerin im Fachdienst der Heilpädagogischen Tagesstätte tätig und bietet für die Kinder tiergestützte Förderung mit Alpakas an. In ihrer Zusatzfunktion als Vorsitzende des Gesamtbetriebsrats der AWO Schwaben brachte sie den Ruhetag mit auf den Weg. „Da momentan alles nicht so läuft, wie man es über die Jahre gewohnt war, freuen sich alle Mitarbeitenden über diesen zusätzlichen Erholungstag. Wir müssen natürlich da sein, aber es ist planbar, dass an diesem Tag oder zeitnah, etwa in der darauffolgenden Woche, Personal gut freigestellt werden kann“, erzählt sie. Befragt nach den persönlichen Plänen für die anstehende Auszeit sagt sie weiter: „Ich werde an Veranstaltungen zum 1. Maifeiertag, dem Tag der Arbeit, teilnehmen. Diese können diesmal aber nur online stattfinden. Ich hoffe, dass sich viele anschließen. Der Ruhetag am 30. April ist bewusst so gewählt, dass man die Zeit dafür gut vorsehen kann.“ Gemeinsames Interesse von AWO, Betriebsräten und Gewerkschaften müsse sein, mehr darauf hinzuweisen, dass die Verbesserung der Arbeitsbedingungen in sozialen Berufen eine der Hauptaufgaben für die Zukunft sein wird.