Präsidiumsvorsitzender Dr. Heinz Münzenrieder zur „Überalterung“ unserer Gesellschaft. Aus dem Magazin AWO in Bayern – Helfer.

muenzenrieder
Verehrte Leserinnen und Leser, liebe Freundinnen und Freunde,

manchmal schlottern einem fast die Knie: Die uns drohende Überalterung sowie der Rückgang der Zahl der Neugeborenen führe – so jüngst Thilo Sarrazin – dazu, dass Deutschland sich „selbst abschafft“. Doch wir sollten die Kirche im Dorf lassen: Ein Blick in die Vergangenheit zeigt, 1881 (!) lebte die letzte Generation, die noch so viele Kinder bekam, dass wenigstens das „Bestandserhaltungsniveau“ erreicht wurde. Und trotzdem sind wir nicht untergegangen.


Wenn die Bevölkerungswissenschaftler recht bekommen, wird Deutschland bis 2060 um rund 10 Millionen Einwohner abnehmen. So eine Entwicklung lässt sich vielleicht beeinflussen, völlig aufzuhalten ist dieser Trend nicht. Dies gilt übrigens für alle westlichen Industriestaaten. Zu träge sind nämlich solche demographischen Prozesse. Wir sollten aber damit gut leben können.

Wir werden mehr auf die Erfahrungen und das Wissen der „Jungen Alten“ setzen müssen, die übrigens durch die Fortschritte der Medizin und ein Mehr an Gesundheitsbewusstsein oft gerne noch Verantwortung in der Arbeitswelt übernehmen wollen und können. Intelligente Arbeitszeitmodelle würden es jungen Menschen ermöglichen, sich mehr um die Erziehung der Kinder zu kümmern. Dazu brauchen wir natürlich ausreichend (kostenfreie) Kindertagesstätten und Ganztagsschulen. Und wir sind der Meinung, dass statt in eine Erhöhung des Kindergeldes besser in die soziale Infrastruktur investiert werden sollte.

Und um die demographische Kurve zu kriegen, sollte eines nicht vergessen werden: Ohne Zuwanderung beruflich qualifizierter Menschen wird es nicht gehen. Sonst werden uns künftig etwa 27000 Fachkräfte jährlich fehlen! Doch Zuwanderung kann nicht einfach von oben verordnet werden. Da sind wir alle gefordert: Wir benötigen eine Willkommenskultur, die Ausdruck einer toleranten und offenen Gesellschaft ist und kein populistisches Feldgeschrei à la Seehofer. Lasst uns daran weiterarbeiten. Gerade die Verbände der Freien Wohlfahrtspflege, allen voran die Arbeiterwohlfahrt, werden hierzu ihren Beitrag leisten. Damit der im Grunde genommen unvermeidliche demographische Wandel zum gesellschaftlichen Vorteil wird!

Mit herzlichen Grüßen

Dr. Heinz Münzenrieder
Vorsitzender des Präsidiums der schwäbischen Arbeiterwohlfahrt

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