Zweites Frauen-Kurzfilmprogramm der AWO Schwaben hinterfragt traditionelle Rollenbilder und zeigt auf, dass es oft noch an echter Wertschätzung für die Fürsorgearbeit fehlt.
Manchmal zum Lachen, manchmal zum Weinen – auf jeden Fall zum Nachdenken war das zweite Frauen-Kurzfilmprogramm, das die Arbeiterwohlfahrt (AWO) Schwaben gemeinsam mit DIE BRÜCKE-Geschäftsführer und Filmkurator Erwin Schletterer ausstrahlte. Rund 90 Gäste waren hierfür in den Augsburger Augustana-Saal gekommen, um gemäß dem Filmmotto „KEEP ON ROLLING“, die traditionellen Rollen von Frauen und Müttern sowie gewohnte Denk- und Handlungsweisen zu hinterfragen und sich den weiteren Handlungsbedarf vor Augen zu führen.

Gezeigt wurden neun Kurzfilme aus fünf verschiedenen Ländern mit einer gesamten Spiellänge von rund 70 Minuten. „Im Fokus steht unter anderem die Fürsorgearbeit, eine traditionelle Frauenrolle, die oft wenig Wertschätzung erfährt. Und wir werden einen Blick zurückwerfen und uns vergegenwärtigen, was starke Frauen vor uns erkämpft haben, dass das Maß an Gleichstellung, das wir heute haben, nicht immer selbstverständlich war“, sagte Marion Leichtle-Werner, Vorständin für Finanzen, Bau und Gleichstellung bei der AWO Schwaben zur Einführung. Was folgte, war eine spannende Mischung aus Realverfilmungen und Zeichentrickkunst, die auf teils recht kontroverse Art unter anderem beleuchtete, dass Mutter-Sein nicht nur mit Glücksgefühlen verbunden ist, alltäglicher Rassismus Schwarze Frauen und Frauen of Color zusätzlich belastet und Frauen in den Familien oftmals in Einsamkeit versinken, nachdem die Kinder aus dem Haus sind. Das Filmmaterial bot reichlich Gesprächsstoff für die anschließende Podiumsdiskussion unter der Moderation von Christina Pauls, wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl Friedens- und Konfliktforschung der Universität Augsburg. Ihre Gesprächspartnerinnen waren Elisabeth Brock, ehemalige Stadträtin für die Kempt’ner Frauenliste, und Familienbegleiterin Marion Hirsekorn. „Ohne finanzielle Unabhängigkeit keine Emanzipation“, brachte es Elisabeth Brock auf den Punkt und forderte eine gerechte Verteilung von bezahlter und unbezahlter Arbeit. Zudem mahnte sie zu mehr Sensibilität in der Wortwahl, gerade auch in der Politik. Wenn etwa ein männlicher Politiker der gegnerischen Partei ein „mädchenhaftes Auftreten“ vorwerfe, ginge damit eine Abwertung von Frauen im Allgemeinen einher. Marion Hirsekorn kennt aus ihrer beruflichen Praxis einige Frauen, die der Familie wegen gerne „zurückstecken“, weil sie ihre Kinder gern aufwachsen sehen. „Wo aber sind die Väter? Wie gestalten wir unsere Familie? Darüber herrscht oft wenig Austausch in den Familien, sodass man in alte Rollenbilder hineinrutscht“, fügte sie hinzu und wünschte sich eine bessere Unterstützung der Frauen durch die Gesellschaft wie auch im Dialog zwischen Paaren, die gemeinsam Kinder planen. Auch Hirsekorn merkte an, dass es für die Wertschätzung von Fürsorgearbeit einen Wandel der Wahrnehmung sowie sprachliche Veränderung braucht. Ihr begegnen Aussagen wie „nur Mutter und Hausfrau sein“. Man müsse dahin kommen, die Gleichwürdigkeit der verschiedenen Tätigkeiten anzuerkennen und entsprechende Maßnahmen zu ergreifen. Christina Pauls ergänzte, dass es in der Debatte um Gleichberechtigung und Familiengestaltung auch eine gesamtgesellschaftliche Auseinandersetzung mit toxischen Männlichkeitsbildern braucht, die auch Männern schaden. Wenn es nämlich um Frauenrollen geht, geht es immer auch um Männerrollen, lautete der einmütige Schlusstenor der Veranstaltung, die bis weit in den Abend bei kühlen Getränken und kulinarischen Kleinigkeiten ausklang. (Fotos: Julia Merkel)