Nur wenige werden von Verbesserungen profitieren.

„Nach dem Prinzip des kleinsten gemeinsamen Nenners bringt die Pflegereform, wie sie derzeit vorliegt, Verbesserungen, die zwar einen Schritt in die richtige Richtung signalisieren, aber den Mut zu einer echten Reform vermissen lassen“, bedauert man bei der Arbeiterwohlfahrt (AWO) Schwaben. Vorstandsvorsitzender Dieter Egger kritisiert heftig, dass es in Bezug auf die Personalbemessungsgrenze in Bayern sogar zu Verschlechterungen kommen wird. Zudem bedauert er, dass die aktuell vorgeschlagene Regelung zur Bezahlung von Tariflohn Spielräume offenlässt, die eine einheitliche gute Bezahlung verhindern. „Damit wird die Pflegereform aus unserer Sicht den Pflegeberuf kaum attraktiver machen“, ist er sich mit Präsidiumsvorsitzender Brigitte Protschka einig. Das Gleiche gelte für die Entlastung der Pflegebedürftigen. Nur wenige dürften von den abgestuften Fördersätzen wirklich profitieren.

„Die beste Garantie für gute Pflege ist ausreichend und gut qualifiziertes Personal. Die beste Möglichkeit, dieses Personal auch zu bekommen, ist eine angemessene, gute Bezahlung und die beste Chance, dieses Personal auch zu halten, sind gute Rahmenbedingungen für die tägliche Arbeit, wie beispielsweise verlässliche Dienstpläne und planbare Freizeit“, formuliert es Brigitte Protschka kurz und bündig. „Wenn der Tarifvertrag mit dem niedrigsten Lohnniveau künftig der Mindeststandard in einem Bundesland ist, und man bedenkt, dass sogenannte ‚gelbe Gewerkschaften‘ schon mal arbeitgeberfreundlich verhandeln, ist das nur begrenzt hilfreich“, sagt sie. Zudem verhandeln die Kostenträger die refinanzierbaren Kosten mit den Pflegekassen, die wiederum aus legitimen wirtschaftlichen Gründen heraus zugunsten niedriger Tarifverträge entscheiden werden. Natürlich sei es eine Verbesserung, dass es künftig ohne Tariflöhne keine Zulassung mehr geben wird – inwieweit sich das auf eine branchenweite bessere Bezahlung auswirke, bleibe aber abzuwarten. „Ich hätte mir ein deutlicheres Signal der Wertschätzung und Anerkennung für unsere Pflegekräfte gewünscht, wie es nur ein allgemeinverbindlicher Tarifvertrag für die ganze Branche regeln könnte“, bedauert Protschka.
„Richtig kritisch ist es, dass die Pflegereform eine bundeseinheitliche Personalbemessungsgrenze festlegt, die in Bayern zu einer Verschlechterung des Betreuungsschlüssels führt“, ärgert sich Dieter Egger. Dabei geht es um drei Stellen pro 100 Menschen, die in einem Heim wohnen. Er betont: „Bisher waren wir da in Bayern ordentlich aufgestellt. Das sollten wir uns unbedingt erhalten.“ Deswegen richtet die AWO Schwaben einen dringenden Appell an die schwäbischen Bundestagsabgeordneten, einen Bestandsschutz für das bayerische Niveau festzuschreiben. Der Bundesverband der AWO hat dies bereits in einem Schreiben an die Bundestagsfraktionen angemahnt. Ein Gespräch mit dem schwäbischen Bundestagsabgeordneten Stephan Stracke hat dazu bereits stattgefunden, SPD-Fraktion und Grüne folgen noch.
Zur weiteren Verbesserung der Rahmenbedingungen für die Arbeit in der Pflege wünscht sich die AWO Schwaben Überlegungen zur Reduzierung des Bürokratismus, der stetig zunimmt. Sinnvoll wäre aus volkswirtschaftlicher Sicht zudem die Möglichkeit der Beschäftigung von Ärzten, die direkt bei den Trägern angestellt sind. Vermieden werden könnten damit sicherlich manches Mal Notarzteinsätze wie auch Einweisungen in die Kliniken. Die dort verursachten Kosten dürften aus volkswirtschaftlicher Sicht relevant sein – ganz abgesehen von der emotionalen Belastung für die Pflegebedürftigen, die mit notfallmäßiger ärztlicher Versorgung einhergeht. „Für die meisten sind damit große Ängste verbunden, die wir ihnen gerne ersparen würden“, so Brigitte Protschka.

Brigitte Protschka
Vorsitzende des Präsidiums und Verwaltungsrat

Dieter Egger
Vorstandsvorsitzender
Vorstand für Altenhilfe