AWO Bayern fasst Fakten zusammen!

(Quellen zu 1,2 und 3: Bundesamt für Migration und Flüchtlinge/Bayerisches Staatsministerium für Arbeit und Soziales, Familie und Integration; zu 4: UNHCR, EASO; zu 5: Agnes Bretting: Von der Alten in die Neue Welt. In: Dirk Hoerder, Diethelm Knauf (Hrsg.): Aufbruch in die Fremde, Europäische Auswanderung nach Übersee.)

  1. Entwicklung des Flüchtlingsstroms nach Deutschland/Bayern

Die Anzahl der Menschen, die nach Deutschland und Bayern flüchten, nimmt seit sieben Jahren kontinuierlich zu. 2007 teilte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge dem Freistaat 2966 Männer, Frauen sowie Kinder und Jugendliche zu, die ihr Herkunftsland verlassen hatten. 2008 kamen 3389 Asylbewerber in den Freistaat, 2009 wurden 4234 Anträge gestellt, 2010 beantragten 6146 Menschen Asyl in Bayern, 2011 waren es 7020 und 2012 gingen 9827 Erstanträge auf Asyl ein.

2013 stieg die Zahl der Erstanträge auf 16.698. Im Jahr 2014 waren es bis Ende August bereits 14.499 Menschen, die im Freistaat Zuflucht suchten. Wie viele es bis Ende 2014 sein werden, lässt sich nicht genau prognostizieren.

Angesichts dieser stetigen Steigerung überzeugt das Argument der Bayerischen Staatsregierung, niemand habe mit einer derartigen Zunahme des Flüchtlingsstroms rechnen können, nicht. Schließlich: Die meisten Flüchtlinge kommen aus Ländern, in denen Krieg oder Diktatur herrschen und somit Lebensgefahr für weite Teile der Zivilbevölkerung besteht (siehe 2.).

Bereits seit einigen Jahren nehmen diese Krisenherde weltweit zu, was auch zu einer Zunahme des Flüchtlingsstroms aus den betroffenen Ländern führt.

 

  1. Hauptherkunftsländer der Flüchtlinge

Häufig werden Flüchtlinge mit dem Vorwurf konfrontiert, sie seien „Wohlstandsflüchtlinge“, die ihre Heimat nur deshalb Richtung Europa/Deutschland verlassen würden, um ihre wirtschaftliche Situation zu verbessern. Ein Blick auf die Hauptherkunftsländer der Flüchtlinge, die von Januar bis Ende August 2014 Bayern zugeteilt wurden, zeigt, dass die meisten aus Ländern stammen, in denen Menschen ständig um ihr Leben fürchten müssen. Dabei handelt es sich hauptsächlich um die Länder, aus denen täglich in den Medien über Anschläge, Folter, Entführungen, Plünderungen und dergleichen berichtet wird:

  • Syrien (2.444)
  • Nigeria (1.415)
  • Eritrea (1.382)
  • Afghanistan (1.350)
  • Somalia (879)
  • Bosnien-Herzegowina (666)
  • Irak (606)
  • Ukraine (593)
  • Serbien (555)
  • Senegal (509)
  1. Nicht alle Flüchtlinge (dürfen) bleiben

Längst nicht alle Flüchtlinge bleiben in Bayern. So wurden im August 2014 22,3 Prozent (2.260 Personen) der Anträge auf Asyl abgelehnt. Weitere 41,6 Prozent (4.224 Personen) der Verfahren sind als „anderweitig erledigt“ eingestellt worden; beispielsweise weil Menschen ihren Asylantrag zurückzogen.

Außerdem:

1,6 Prozent (166 Personen) wurden als im Sinne des Grundgesetzes Asylberechtigte anerkannt.

26,3 Prozent (2.669 Personen) erhielten Flüchtlingsschutz.

5,8 Prozent (584 Personen) erhielten so genannten subsidiären Schutz (wenn im Herkunftsland eine ernsthafte individuelle Bedrohung wie die Vollstreckung der Todesstrafe droht).

2,4 Prozent (244 Personen) wurde ein Abschiebungsverbot gewährt.

  1. Zahl der Asylanträge im europäischen Vergleich

Kein EU-Mitglied nehme mehr Flüchtlinge auf als Deutschland, wurde der ehemalige Innenminister Hans-Peter-Friedrich nicht müde zu betonen. Tatsächlich hat er die Statistik eigenwillig – indem er einzig auf die absoluten Zahlen verwies – interpretiert.

In Deutschland wurden im Jahr 2012 mit 64.540 zwar die meisten Erstanträge EU-weit gestellt. Auf die Einwohnerzahlen des jeweiligen Landes umgerechnet, stimmt diese Rangfolge dagegen nicht. In Deutschland kam nämlich im Jahr 2012 auf 1000 Einwohner nicht mal ein Asylantrag (0,8); dieselbe Relation wie in Griechenland.

Bei dieser Rechnung (Asylanträge pro 1000 Einwohner) liegen vor Deutschland mehrere europäische Länder (darunter auch EU-Mitgliedsstaaten) wie Malta (4,9), Schweden (4,7), Luxemburg (4), Schweiz (3,4), Montenegro (2,4), Norwegen (2), Österreich (2,1), Liechtenstein (1,9), Belgien (1,7), Zypern (1,5), Frankreich (0,9).

Eine weitere Zahl, die Bundeskanzlerin Angela Merkel auf der Flüchtlingskonferenz am 28. Oktober 2014 in Berlin erwähnte: In dem ursprünglich 4 Millionen Einwohner zählenden und von internen politischen Unruhen betroffenen Land Libanon leben derzeit offiziell eine Million Flüchtlinge aus Syrien.

  1. Flüchtlingsströme sind kein neues Phänomen

In der Vergangenheit hat es zu allen Zeiten Flüchtlingsströme gegeben. Auch deutsche Bürger haben wiederholt ihre Heimat verlassen und das sowohl aus wirtschaftlichen als auch aus politischen Gründen. Beispielsweise emigrierten zwischen 1820 und 1920 zirka 6 Millionen Deutsche nach Brasilien, Kanada, Australien und vor allem in die USA. Die meisten von ihnen wollten damit der Armut entkommen. Überwiegend aus politischen Gründen flüchteten dagegen zwischen 1931 und 1940 schätzungsweise 114.058 Menschen aus Deutschland. Sie fürchteten wegen des Nazi-Regimes um ihr Leben.