Die Wohlfahrtsverbände werden sich mehr als bislang auf demoskopische Entwicklungen einzustellen haben

Altenpflege
Dr. Heinz Münzenrieder, Präsidiumsvorsitzender und Dieter Egger, stellv. Vorstand der AWO Schwaben

I.

Ob wir es wollen oder nicht: Die Zahl der Pflegebedürftigen wird sich in den nächsten Jahrzehnten erheblich erhöhen. Auf der anderen Seite der demoskopischen Skala werden die „nachwachsenden“ Jungen weniger werden. Trotzdem: Unser Land wird deshalb nicht dem Unglück preisgegeben.

Im Gegenteil: Die Lebenserfahrung gerade älterer Menschen ist nutzbringend und in jeder Beziehung positiv zu sehen und hat zudem eine stabilisierende gesellschaftliche Wirkung. Und die regulierte Zuwanderung gerade junger Menschen und Familien kann nicht nur dem „Bevölkerungstrend“ etwas entgegensetzen. Genau so wichtig ist es, dass die Aufnahme von Menschen mit anderem kulturellen Hintergrund dann eine gesellschaftliche Bereicherung darstellt, wenn dies mit einer klugen Integrations- und Bildungspolitik verbunden ist.

II.

Für die Wohlfahrtsverbände und damit auch für die Arbeiterwohlfahrt gilt es, sich verstärkt auf diese demoskopischen bzw. gesellschaftlichen Veränderungen einzustellen. Am Beispiel der Altenpflege soll dies kurz skizziert werden:

  • Durch künftig verstärkt notwendige vorstationäre Angebote wird die klassische stationäre Betreuung künftig später als bislang einsetzen und die Leistungen werden sich zunehmend am Krankenhaus der niedrigen Versorgungsstufe orientieren. Therapieteams aus Medizinern, Physio- und Psychotherapeuten werden deshalb in Pflegeheimen notwendig werden. Dies gilt auch mit Blick auf eine würdige Sterbebegleitung.
  • Getreu dem Grundsatz „Soviel ambulante Hilfen wie möglich – soviel stationäre Hilfen wie nötig“, wird die qualifizierte Erweiterung der ambulanten Pflegeangebote in kleinen Wohngruppen außerhalb stationären Einrichtungen verstärkt einzuführen sein. Insbesondere bei Altersdemenz ist – soweit keine Gefährdung durch „Weglaufen“ gegeben ist – über die Leistungen eines Pflegedienstes die Versorgung im Rahmen dezentraler Wohngruppen gut möglich.
  • Als Zwischenform und neben stationären Einrichtungen und dezentralen Wohngruppen sind ambulant betreute Wohngemeinschaften mit „eingestreuten“ stationären Versorgungselementen zu sehen. Insbesondere die in einer stationären Einrichtung vorhandenen „Hotelangebote“ (Speiseversorgung, Hauswirtschaft) sowie eine 24-Stunden-Absicherung durch Präsenzkräfte zeigen hier einen auch unter finanzbezogenen Aspekten begehbaren Weg auf.

Die altenpflegerische Zukunft wird also getragen sein von einem Mehr an integrativen Angeboten:

Von einem vernetzten System häuslicher Pflege, ambulanten Angeboten, teilstationären Leistungen sowie von noch besser zu entwickelnden Kooperationsformen mit den örtlichen Krankenhäusern.

Und nicht zu vergessen von gut ausgebildeten, motivierten und auch entsprechend bezahlten Pflegekräften. Es gibt übrigens keinen überzeugenden Grund, daran zu zweifeln, dass es uns nicht gelingen wird, die hier nur knapp angesprochene Zukunft der Altenpflege so zu gestalten, wie dies uns das Grundgesetz vorgibt: „Die Würde des Menschen ist unantastbar“. Dies gilt auch und in qualifizierter Art und Weise mit Blick auf Menschen, die unserer Hilfe bedürfen.